Eine Schulklasse aus einem saarländischen Dorf beschließt eine Klassenfahrt in den bayrischen Wald zu machen. Heute ist der große Tag, seit Stunden sind die Kinder schon unterwegs. Doch erst gegen Abend erreichen sie das Schullandheim in der Nähe von Zwiesel. Zwiesel ist die Stadt mit den größten Glasmanufakturen, die sie natürlich auch besichtigen wollen. Doch als erstes steht auf dem Programm, die Arberberggruppe, der Böhmerwald auf bayrischem Gebiet der Donau entlang und einen Abstecher in die Tschechei.
Heute am ersten Tag steht der große Arber auf dem Plan. Nach etwa einer dreiviertel Stunde Fahrt erreichen sie die Liftstation am Fuße des Berges und fahren mit dem Lift zur obersten Station hinauf. Der Panoramablick ist einfach grandios. Wildzerklüftetes Felsengebirge, in der Ferne kleine Orte und Städtchen umrahmt und eingebettet im dunklen satten grün des Waldes. Hier oben führen schmale Steige an schroffen Felswänden entlang und auch wieder hinunter ins Tal.
Die Kinder erkunden den Gipfel des Berges und machen sich zu Fuß an den Abstieg. Die kleine Marie hatte sich unbemerkt von der Gruppe entfernt. Übermütig freut sie sich schon als erste unten anzukommen. Sie läuft einen anderen Steig hinab als die übrigen Kinder. Doch der enge Steig führt sie unbemerkt immer weiter weg von ihrem eigentlichen Ziel. Erste Bäume tauchen auf, dann stößt sie auf eine Gabelung des Steiges, überlegt kurz und läuft geradeaus weiter. Nach Stunden weiß sie dass sie sich verirrt hat, zu lange hält sie sich schon im Wald auf und er nimmt kein Ende. Angst steigt in ihr auf, überall raschelt und knackt es. Plötzlich dringt ein Grunzen an ihr Ohr, vor Schreck laut schreiend läuft sie immer tiefer in den Wald. Gedanken an wilde Tiere, Wölfe und Bären schießen ihr durch den Kopf. Ihr kleines Herzchen rast vor Angst, die Beine laufen im schnellen Stakkato weiter und weiter bis sie vor Erschöpfung zusammen bricht. Zitternd und weinend liegt sie da, ruft nach ihrer Mutter, doch hier ist niemand der sie hört. Voller Verzweiflung betet sie und mit einemmal wird es hell um sie herum.
Als sie aufschaut sieht sie eine wunderschöne junge Frau mit goldblondem Haar in einem strahlenden weißen Kleid vor sich stehen. Lächelnd sagt diese mit lieblicher Stimme: Hallo kleines Mädchen, hab keine Angst, ich bin bei dir, werde Dich beschützen und führe dich wieder hinaus aus dem Wald, vertraue mir und komm mit, dabei streckt sie ihre Hand aus und zitternd ergreift das Kind sie. Langsam führt sie das ängstliche Mädchen auf eine Lichtung, dort steht ein großer hohler Baum. In diesem Baum sagt sie werden wir nächtigen und hält dem Kind ein belegtes Brötchen hin, du bist hungrig iss es auf. Da erst bemerkt das Kind wie hungrig es wirklich ist. Die Kleine isst alles auf, anschließend setzt sich die Frau in die Höhle nimmt das Kind in ihre Arme und wiegt es in den Schlaf.
Mitten in der Nacht erwacht es vom heulen der Wölfe. Noch immer liegt es in den Armen der Frau, die Baumhöhle erstrahlt in einem goldenen Licht. Das kleine Mädchen fühlt sich glücklich, geborgen und schmiegte sich eng an die schöne Frau. Lächelnd sagt diese; hörst du die Wölfe, sie sind hungrig - auch sie sind Geschöpfe Gottes, genau wie du, doch uns werden sie nicht finden. Sie legt einen Flügel aus schneeweißen Federn vor den Eingang, nimmt das Kind wieder fest in die Arme und wiegt es erneut in den Schlaf.
Am Morgen gibt ihr die Frau zu essen und sagt: Mein kleines Mädchen, wir müssen uns auf den Weg machen, es ist noch weit bis zum Waldrand. Hand in Hand gehen sie langsam quer durch den Wald. Büsche und Bäume neigen sich zur Seite, machen Platz damit sie vorüber gehen können. Die Frau erzählt von Gottes schöner Natur, von den Tieren auch von den Menschen. Langsam wird die Kleine müde, der Weg ist doch weit und anstrengend. Und sie, diese wunderschöne Frau nimmt das kleine Mädchen auf ihre Arme und trägt es den Weg weiter. Ein glückliches Gefühl durchströmt die Kleine, es möchte am liebsten nie wieder weg von dieser lieblichen Frau.
So erreichen sie den Waldrand. Hier stellt sie das kleine Mädchen auf die Füße und sagt: Siehst du all diese Menschen, sie suchen dich, lauf schnell zu ihnen hin. Und du fragt das Mädchen, du kommst doch mit mir, ich möchte dass du bei mir bleibst, ich hab dich lieb. Nein sagt die Frau das kann ich nicht, doch ich werde immer in deiner Nähe sein, du brauchst mich nur zu rufen und ich komme zu dir.
Traurig antwortet ihr die Kleine, ich weiß doch nicht wie du heißt und wer du bist, - wie soll ich dich dann rufen.
Ich bin Michael, dein Schutzengel, heute bin ich in der Gestalt einer Frau bei dir antwortet der Engel, dein ganzes Leben werde ich dich begleiten, werde dich beraten und dich beschützen. Leise verstummt die liebliche Stimme des Engels und er verschwindet. Die Kleine streckte sehnsüchtig ihre Arme nach ihm aus und ruft: Komm zurück, da spürte sie eine Hand, die ihr zärtlich übers Haar streicht und die Stimme des Engels sagt leise: Ich bin da, ich bin immer bei dir. Doch jetzt geh meine Kleine - geh zu ihnen. Sie sind voller Sorge um dich. Schnell läuft die Kleine zu den Menschen hin und die waren glücklich, sie wieder gesund und munter zurück zu haben.
Niemand konnte verstehen wie dieses kleine Mädchen es schaffte aus dem Wald heraus zu finden, denn den Engel hatte nur die Kleine gesehen und sie schweigt darüber.
Er ist ihr ganz persönlicher Engel und ihr beider Geheimnis!